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Die Träume von einem Einfamilienhaus mit Garten, Natur und Aufenthaltsqualität sind heutzutage so stark wie nie zuvor. Dabei steht beim Naturgarten die Planung von biologischen Vorgängen und nicht die Formgebung im Vordergrund. Das spiegelt sich darin wieder, dass Privatgärten in vielen Ländern mehr Oberfläche in Anspruch nehmen als Naturschutzgebiete. Ein Garten soll jedoch ein Platz der Erholung sein und kein „Arbeitsparadies“ zum Unkraut jäten. Ein Naturgarten ist dahingehend pflegeleichter und bietet darüber hinaus den Vorteil, nicht so kostenintensiv wie eine konventionelle Lösung zu sein.
Das Problem heutiger Gärten, die nicht naturnah sind
Heutzutage ist ein Garten im Gegensatz zum Naturgarten vielfach nach Schnur gestaltet mit an den Rändern eingepflanzten Lebensbäumen, glatten Rasenflächen und viereckigen Blumenbeeten. Dies ist leider weiterhin vielfach eine typische Stammlösung, die als Zeichen von „proletarischem“ Geschmack angesehen wird. Als Schwerpunkt der Ästhetik betrachtet man hier:
- Palisaden aus Holz
- Plastikmöbel
- billige Pergolen aus dem Baumarkt
- rot gefärbtes Betonsteinpflaster oder Pflaster im Schachbrettmuster, das unruhiger gar nicht wirken könnte
- trübes Wasser in winzigen Wasserteichen so groß wie eine Badewanne, von einem meiner Kunden mal liebevoll „Spucknapf“ genannt
So ein Garten ist wesentlich pflegeintensiver als ein Naturgarten und wirkt im Übrigen auch wesentlich kitschiger.
Naturnaher Garten und seine Geschichte
Schon in den 80er und 90er Jahren des 18. Jahrhunderts wurden Landschaftsarchitekten von Wild- und Naturgärten inspiriert. Dies äußerte sich in der poetischen und formalen Art der „Arkadiengärten“ und erreicht ihre Blütezeit zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert in England und Irland (Jeckell, Robinson). Diese Tendenz wurde in Holland in den 30er Jahren des 20. Jahrhundert ebenfalls sehr deutlich. Als Inspiration dienten hier die wilden Pflanzengesellschaften. Der holländische Architekt Louis Le Roy verwendete bei der Anlage seiner Naturgärten dabei Pflanzen, die in den Städten auf den Ruinen und Brachflächen wild wuchsen (so genannte Ruderalpflanzen).
Die Idee hinter Naturgärten
Die Gestaltung von Naturgärten stellt eine Handlung im Sinne der Rettung von Umwelt und Natur im Garten dar. Dabei werden ökologische Regeln und Grundsätze, wie z.B. die gegenseitige Abhängigkeit von Pflanzenwelt und Bodenart, beachtet. Des Weiteren setzt man auf die spontane und selbstständige Entwicklung von Pflanzen (Sukzession) und die Beachtung der Zusammenhänge zwischen Fauna und Flora. Man lässt der Natur im Garten weitgehend freies Spiel, sich selbst zu entwickeln und steuert nicht permanent entgegen mit Spritzen, düngen, jäten und schnippeln.
Grundsätze beim Anlegen von Naturgärten
Im Natur-Garten betrachtet man auf ganz besondere Weise die natürlichen Zyklen, das Werden und das Vergehen und gegenseitige Abhängigkeiten der Organismen in den Lebens- und Nahrungskreisläufen. Nachdem man mit dem Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln und mit dem intensiven Unkrautjäten und sonstiger Pflege aufgehört hat, kommen das Leben und die Vielfalt der Arten wieder in den Naturgarten zurück. Hier gibt man der Natur im Garten wieder ihre Chance. So zum Beispiel werden die Schädlinge von ihren natürlichen Feinden gefressen. Als Bäume und Sträucher sollten vorwiegend (nicht unbedingt ausschließlich) heimische Arten verwendet werden. Sie bilden das „Skelett“ für naturnahe Gärten. Sie sind wichtig für die Stabilität und Beständigkeit im Naturgarten und bilden die Grundlage für die Entwicklung der Tierwelt. Das Grundprinzip beruht hier auf der Bildung von verschiedenen Biotopen. Dabei bedient man sich des vorhandenen Geländes und gestaltet es entsprechend. Aus diesem Grund sollte schon bei der Planung des Gebäudes an den Garten gedacht werden. Sonnige und schattige Stellen, feuchte und trockene Bereiche sind einige Beispiele für verschiedene Biotope, in denen sich eine charakteristische Flora und Fauna (Biozönose) entwickeln kann. Diese gilt es, frühzeitig zu erkennen und zu fördern.
Beispielbiotope für naturnahe Gärten
- In vorhandenen Vertiefungen entwickeln sich Feuchtigkeit liebende und üppige Pflanzenarten wie Simse, Seggen, Vergissmeinnicht und Sumpf-Dotterblumen gut.
- Auf saurem Boden und auf trockeneren Stellen kann ein naturnaher Garten mit einmaligen Farben als schillernde Heidelandschaft angelegt werden.
- Sonnige und trockene Stellen mit magerem Boden sind als Biotop geeignet, in dem sich Fetthenne, Thymian sowie eine ganze Reihe von ungewöhnlichen Gräsern präsentieren. Viele von diesen Pflanzenarten werden wegen ihrer Beständigkeit gegenüber Trockenzeiten als Dachbegrünungspflanzen verwendet.
- Auch faulende und mit Pilzen bewachsene Baumstämme sind in Naturgärten erwünscht.
Gestaltungsmöglichkeiten von Naturgärten
Zum Anlegen von Naturgärten kann man unterschiedliche Materialien wie Kies, Felsensplitter, Sand, Lehm, Felssteine, alte Ziegelsteine oder Baumwurzeln verwenden. Um Garten und Natur in Einklang zu bringen, verwendet man also Material, das als einwandfreier und preisgünstiger Grundbaustein im Garten verwendet werden kann.
Anstelle eines intensiv pflegbedürftigen Rasens kann man eine Blumenwiese anlegen, die sich vom Frühjahr an durch eine schillernde Farbskala mit Krokussen und Schneeglöckchen, Mohnpflanzen, Kamille, Gänseblümchen und Klee auszeichnet. Dazu ist ein sandiger, nährstoffarmer Boden erforderlich. Im so gestalteten Naturgarten bewundert man bald Schmetterlinge und Libellen. Der Garten wird mit Vogelgesang, dem Zirpen der Grillen und dem Unken der Frösche erfüllt. Kinder vergnügen sich beim Ballspiel auf der Wiese.
Zu den effektiven Elementen in einem Natur-Garten zählen Bachläufe, Teiche, Springquellen und Wasserfälle. Größere Wasserbecken zeichnen sich durch große Wärmeaufnahmefähigkeit aus und beeinflussen das Mikroklima, indem sie in einem gewissen Bereich die Temperaturunterschiede dämpfen. Sie erzeugen eine Luftzirkulation, die besonders an heißen und windlosen Tagen angenehm frisch wirkt. Des Weiteren ermöglicht die erhöhte Luftfeuchtigkeit eine bessere Pflanzenentwicklung.
Der Naturgarten sollte als Bestandteil des Haushaltes gesehen werden. Ein Teil der Haushaltsabfälle kann nach der Kompostierung als Düngemittel im Garten verwendet werden. Das häusliche Abwasser, das zuerst in einem mit Schilf bewachsenen Biotop (Wurzelraumkläranlage) behandelt werden sollte, kann man zum Gießen von Pflanzen oder gemeinsam mit dem Niederschlagswasser zum Nachfüllen von Teichen oder Bachläufen nutzen.
Ein Naturgarten bedeutet, Natur im Garten zu leben und zu erleben. Man schafft sich einen wunderbaren Erholungsplatz direkt vor der Haustür. Mühsame Pflegearbeiten aber auch Anreisezeiten in die freie Landschaft entfallen. Positiver Nebeneffekt: Wer einen Naturgarten besitzt, leistet einen aktiven Beitrag zum Schutz und Wiederaufbau der zerstörten Umwelt.
Planung von Naturgärten und Umgang mit Nachbarn
Garten und Natur miteinander zu vereinen, bedeutet freilich auch nicht, auf angefülltem „Mutterboden“ alles wild wuchern zu lassen. Bei unseren nährstoffreichen Böden würde daraus schnell eine Brennnesselflur, ein Brombeerdickicht und eine stark aussamende Unkrautfläche werden. Das wäre noch kein Naturgarten und die Nachbarn würden sich „bedanken“. Die Kunst besteht darin, verschiedene Standortbedingungen zu schaffen (dunkel, hell, feucht, trocken, nährstoffarm und nährstoffreich,…), auf denen sich charakteristische Pflanzengesellschaften von alleine heraus bilden. Die Vielfalt der Pflanzen entsteht durch die Vielfalt unterschiedlicher Lebensräume, die wir im Naturgarten gezielt zur Verfügung stellen können. Nur wie soll man als „Otto-Normal-Gartenbesitzer“ im Voraus wissen, welche Pflanzengesellschaften (schön oder Brennnessel) sich auf welchem Standort herausbilden werden? Dazu bedarf es an einigen Grundkenntnissen und Erfahrungen in der Pflanzensoziologie. Diese Kenntnisse und Fertigkeiten haben Landschaftsarchitekten, oder genauer gesagt, einige davon, die sich darauf spezialisiert haben. In unserem Team finden sich einige Kolleginnen und Kollegen, die naturnahe Gärten besonders gut und gerne planen können, von denen hier 2 genannt werden:
Dipl.-Ing,. Dipl.-Ökol. Marcin Gasiorowski